...in dem Tempo wird
also jeder Frankfurter
Kinderspielplatz
alle
110 Jahre
einmal erneuert
...
Frankfurt - eine Stadt zerlegt sich selbst.
„Alle unsere Mitarbeiter sind im Gespräch. Aufgrund der hohen Zahl von Anrufen müssen Sie aktuell daher mit einer längeren Wartezeit rechnen. Ihre Wartezeit beträgt voraussichtlich
… einhundertzehn Jahre…“. Im Januar 2022 hatten Frankfurter Stadtverordnete im Römer den Antrag gestellt, der Magistrat soll prüfen und berichten, wo in der Innenstadt noch Parkplätze für Fahrräder,
E-Bikes und Lastenräder geschaffen werden können. Eine komplexe Frage, fürwahr, aber bestimmt kein unlösbares Problem. Eine vorläufige Antwort kam schon unglaublich schnelle 16 Monate später. Sie lautet „Der Magistrat bedauert, in der vorgegebenen Geschäftsfrist keinen endgültigen Bericht abgeben zu können. Aufgrund ausgeschöpfter Personalressourcen ist frühestens Ende 2023 mit
einem Bericht zu rechnen“. Sie denken, ich mache Witze? Lachen Sie besser nicht zu früh. Klar, es geht ja nur um Fahrradparkplätze. Aber in der selbsternannten hessischen Fahrradhauptstadt.
In einem anderen Bericht des Magistrats geht es um Kinderspielplätze. Natürlich – so stehts dort schwarz auf weiß - sind für das kinderfreundliche Frankfurt die „Spiel- und Freizeitanlagen ein wichtiger Bestandteil der sozialen Infrastruktur…“ Dumm nur, dass so ein Spielplatz eine Menge Geld kostet.
Und so führt der Magistrat weiter aus: „Mit den zur Verfügung stehenden investiven Haushaltsmitteln von 1.200.000 €/Jahr können etwa 4 der 440 Kinderspielplätze
pro Jahr erneuert oder nachhaltig umgestaltet werden“. Aha. Vier von 440. In dem Tempo wird also jeder Kinderspielplatz alle 110 Jahre einmal erneuert
oder umgestaltet. Warum so selten? Weil einfach nicht mehr Geld in der Kasse ist. Denn für Neubauten und Widerherstellungen stehen im Jahr nur etwa 2.500.000 € zur Verfügung. Also wenn sich mal wieder eines ihrer Kinder
beschwert, dass auf dem Spielplatz um die Ecke die Rutsche kaputt ist, dann trösten sie es. Es gibt auch viele andere Kinder, in deren Lifetime die kaputte Rutsche nie repariert wird. Am besten, Sie machen das selbst.
Das
Problem ist natürlich, dass in Frankfurt nicht nur Fahrradparkplätze und Kinderspielanlagen gebraucht, gekauft und repariert werden müssen, sondern auch noch eine Menge mehr. Zum Beispiel die Städtischen Bühnen. Die sind nämlich
seit 60 Jahren im gleichen Gebäude am Willy-Brandt-Platz, und das ist zwar noch keine 110 Jahre alt, aber trotz einiger Sanierungsversuche eben doch so marode, dass da niemand mehr Oper oder Schauspiel ansehen mag. Deswegen soll
für die Städtischen Bühnen ein neues Gebäude her. Der letzte Kostenvoranschlag lag bei 1.270.000.000 €, in Worten: eine Milliarde zweihundertsiebzig Millionen. Das würde damit für etwas mehr als 2000 Spielplätze reichen. Gut,
vielleicht kann man nicht Äpfel mit Birnen vergleichen und Spielplätze mit Schauspielplätzen. Ich wollte ihnen nur versuchen zu erklären, warum die kaputten Spielplätze nicht renoviert werden. Aber jetzt, wo ich anfange, darüber
nachzudenken verstehe ich es selbst plötzlich nicht mehr. .
mit nachdenklichen
Grüßen
Helmut Seuffert
Aktuell